Die hängenden Gärten der Semiramis

Die hängenden Gärten von Semiramis, auch bekannt als die hängenden Gärten von Babylon, sind ein faszinierendes architektonisches Meisterwerk, das in der antiken Stadt Babylon im heutigen Irak beheimatet war. Sie gelten als eines der sieben antiken Weltwunder und wurden von Robert Johann Koldewey entdeckt und freigelegt.

Interessanterweise wurden die hängenden Gärten nicht für Semiramis errichtet, wie ursprünglich angenommen, sondern sie werden Nebukadnezar II. zugeschrieben, der etwa 200 Jahre nach Semiramis lebte. Dieser Aspekt wirft Licht auf die historische Genauigkeit der Überlieferungen.

Die Gartenanlage wurde auf einem Quadrat mit einer Seitenlänge von 100 Metern angelegt und die Terrassen erreichten eine Höhe von etwa 25 bis 30 Metern. Die Konstruktion bestand hauptsächlich aus dicken Mauern und Pfeilern, die aus gebrannten Ziegeln hergestellt wurden. Unter den separaten Stufen sollen sich unterirdische Gänge befunden haben.

Die Etagenböden bestanden aus drei Schichten: Eine Lage aus Rohr mit Asphalt, darunter eine doppelte Lage aus gebrannten Ziegeln, die in Gipsmörtel eingebettet waren, und ganz unten dicke Platten aus Blei. Diese Bauweise verhinderte das Eindringen von Feuchtigkeit. In den mit Humus bedeckten Terrassen waren verschiedene Baumsorten angepflanzt. Die Bewässerung der Gärten erfolgte durch ein ausgeklügeltes System, das Wasser aus dem nahegelegenen Euphrat ableitete.

Die Informationen über die hängenden Gärten von Babylon stammen von verschiedenen Autoren. Berossos, ein chaldäischer Historiker aus dem 4. Jahrhundert v. Chr., beschrieb sie in seinem Werk „Babyloniaka“, das unter anderem von Flavius Josephus zitiert wurde. Diodorus Siculus, ein griechischer Historiker aus dem 1. Jahrhundert n. Chr., verfasste ebenfalls eine Beschreibung der Gärten. Ktesias von Knidos, ein griechischer Mediziner und Historiker, der im 5. Jahrhundert v. Chr. lebte, schrieb über Babylon in seinem Werk „Persika“. Obwohl die meisten seiner Schriften verloren gegangen sind, zitierte Quintus Curtius Rufus einige seiner Aussagen über die Gärten. Strabon, ein griechischer Geograph aus dem 1. Jahrhundert v. Chr., erwähnte die Gärten in seinem Werk „Geographica“. Philon von Byzanz, ein Autor aus dem 3. Jahrhundert v. Chr., verfasste einen Reiseführer zu den sieben antiken Weltwundern, zu denen auch die hängenden Gärten gehörten.

Die prachtvollen grünen Gärten von Babylon waren eine bemerkenswerte Attraktion, da die Region sehr trocken war. Sie galten als eine Oase der Schönheit und Natur inmitten der Wüste.

Es gibt auch kontroverse Theorien über die Existenz der berühmten Gärten. Professor Kai Broderson hat die These aufgestellt, dass die hängenden Gärten von Babylon möglicherweise nie wirklich existierten. Seiner Ansicht nach ließ Nebukadnezar II. lediglich einen beeindruckenden, aber unzugänglichen Palastgarten anlegen, der im Laufe der Jahrhunderte in der Vorstellungskraft der Autoren immer prächtiger wurde. Broderson stützt seine Argumentation auf verschiedene Faktoren.

Erstens konnte die genaue Lage der Gärten bis heute nicht eindeutig bestimmt werden. Obwohl Babylon eine bedeutende antike Stadt war, sind die Überreste der hängenden Gärten bisher nicht eindeutig identifiziert worden.

Zweitens werden Bewässerungsformen den Gärten zugeschrieben, die erst nach der Zeit von Nebukadnezar II. entwickelt wurden. Dies wirft Fragen hinsichtlich der technologischen Möglichkeiten und des historischen Kontexts auf.

Drittens fehlen Hinweise auf die Existenz der hängenden Gärten in zeitgenössischen babylonischen Texten sowie in den Schriften des antiken Historikers Herodot. Angesichts der Größe und Bedeutung dieser Gärten wäre es unwahrscheinlich, dass sie in den historischen Aufzeichnungen keine Erwähnung fänden.

Trotz dieser kontroversen Theorie bleibt die Faszination für die hängenden Gärten von Babylon bestehen. Ihre Beschreibung in den Werken der antiken Autoren hat unsere Vorstellungskraft und Bewunderung für diese architektonische Meisterleistung über Jahrhunderte hinweg geprägt. Ob sie nun tatsächlich von Semiramis oder Nebukadnezar II. errichtet wurden oder nicht, bleibt ein Rätsel der Geschichte, das weiterhin Diskussionen und Spekulationen hervorruft.

Selbst moderne vertikale Gärten in der heutigen Zeit lehnen sich an die Ideen dieser antiken Gartenanlage an, ob sie nun wirklich existierte oder nicht.